Borås, die Textilstadt Schwedens

Borås nimmt in der schwedischen Geschichte eine gewisse Sonderstellung ein, da die Gegend noch im 16. Mittelalter dörflich und sehr arm war und sich die Bauern der Umgebung daher im Winter in reisende Händler verwandelten und die verschiedensten Waren verkauften, was natürlich die Händler der Städte störte, denn die Bauern bezahlten für ihre Aktivität keinerlei Steuer. Um den Handel weiterhin betreiben zu können, waren die Bauern letztendlich gezwungen eine Stadt zu gründen, die 1621 auch ihre Stadtprivilegien erhielt, der Grundstock für die gesamte Entwicklung der Stadt.
 
Im Laufe der Zeit verwandelten sich die Bauern mehr und mehr zu Händlern, die weiterhin von Ort zu reisten und, außer Textilen, auch jede Art von Schmiedewaren mit im Angebot hatten. Vor allem die Textilien aus Borås waren ab dem 17. Jahrhundert eine sehr begehrte Ware, was einerseits Borås zu einem starken Bevölkerungswachstum verhalf, aber auch dazu führte, dass umgebende Orte, zum Beispiel Ulricehamn, ebenfalls begannen Textilen herzustellen und zu verkaufen.

Die Kulturstadt Borås
Foto: Herbert Kårlin

Aber die Konkurrenz, die Borås im 18. Jahrhundert erlebte, war nur vorübergehend, denn im 19. Jahrhundert entstanden mehrere Textilfabriken, Färbereien und textile Handelsunternehmen in Borås, und als dann auch noch die Eisenbahn dort ankam, wuchs die Bevölkerung innerhalb von 40 Jahren von 3000 Einwohnern auf über 15.000 Einwohner an, Borås gelangte zu einem gewissen Reichtum und entwickelte sich zur bedeutendsten Textilstadt Schwedens.
 
Auch wenn die Nachkriegszeit, und vor allem die 70er und 80er Jahre, der Textilindustrie in Borås zu schaffen machten, so konnten andere Industrien die entstehenden Probleme ausgleichen. Aber auch die Textilindustrie verwandelte sich, denn Borås wurde erst das schwedische Zentrum für den Versandhandel und spielt heute eine wichtige Rolle im Internethandel. Aus der Schule in der früher Weberinnen ausgebildet wurde, entwickelte sich im Laufe der Zeit die einzige Textilhochschule Schwedens, die nicht nur von Modeschöpfern, sondern auch von vielen Textilkünstlern des Landes besucht wurde.
 
Wie alle Städte Schwedens, so zog in den letzten Jahrzehnten auch der Tourismus in Borås ein, wobei die größte Anziehungskraft dabei natürlich der Zoologische Garten in Borås ausmacht, dessen erster Löwe Simba bis heute eine Legende ist, da er in den 50er Jahren in mehreren schwedischen Filmen mitwirkte.
 
Ein Besucher von Borås sollte natürlich auch das Textilmuseum besuchen und vielleicht an das Skulpturbiennale denken, das die öffentlichen Plätze der Stadt mehr und mehr in ein Museum verwandelt. Die erste dieser Skulpturen erhielt den Namen Walking to Borås, ein imposanter Pinocchio, den man auch heute noch im Kreisverkehr einer Zufahrtsstraße entdecken kann.
 
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